Wissenschaftlich zu arbeiten bedeutet – so die Universität Köln – „kritisch sein, hinterfragen, präzisieren, ein Thema eingrenzen, sich in kurzer Zeit einarbeiten“ und endt damit, dieses Thema dann adressatenorientiert darzustellen. Ganz im Sinne dieser Definition gingen die Schülerinnen und Schüler der 11. Klassen des Johannes-Gutenberg-Gymnasiums Waldkirchen (JGG) die erstmals durchgeführte „Wissenschaftswoche“ an.
Die Wissenschaftswoche ist ein verpflichtend durchzuführendes Kernelement in der 11. Jahrgangsstufe des neuen neunjährigen Gymnasiums, das sich aktuell im Aufwuchs befindet. Dabei wird die reguläre Unterrichtssituation für eine Woche aufgelöst, um ein von der Schule festgesetztes Rahmenthema interdisziplinär auf wissenschaftspropädeutischer Basis zu ergründen.
Am JGG – seit diesem Schuljahr in das exklusive Förderprogramm „Kulturschule Bayern“ aufgenommen – lautete das diesjährige Rahmenthema „Kultur“, welches aus der Perspektive der einzelnen Fächern in passenden Untersuchungsschwerpunkten und Fragestellungen beleuchtet wurde. Die Bandbreite der Themen war dabei sehr vielfältig: Untersucht wurden unter anderem die Auswirkungen von künstlicher Intelligenz auf Alltag und Kultur (Informatik), die hierzulande gepflegte Esskultur (Kunst), die bayerische Bibliothekslandschaft als kulturelle Mittelpunkte (Deutsch), die Agrarlandschaft als Kulturgut (Biologie/Chemie) oder die neuen kulturellen Impulse im Zuge von Migration (Politik und Gesellschaft). Insgesamt konnten die Schüler aus zwölf Fachangeboten wählen.
Den Auftakt der Wissenschaftswoche bildete eine Gesprächsrunde mit Prof. Andrea Sieber vom Lehrstuhl für Ältere deutsche Literaturwissenschaft an der Universität Passau. Siebers kurzer Vortrag über ihren aufregenden und ungewöhnlichen Weg von einer – wie sie es selbst beschreibt – „DDR-Kindheit mit Leistungssport zur Literaturporfessorin“ veranschaulichte den Schülerinnen und Schülern dabei an einem Beispiel, wie eine wissenschaftliche Biographie aussehen kann. Die Jugendlichen nahmen die Gesprächsrunde dann auch zum Anlass, um der Professorin Fragen rund um die Anforderungen wissenschaftlichen Arbeitens und auch zu ihrem privaten und beruflichen Alltag zu stellen. „Lesen, Denken, Schreiben“, so bringt Prof. Sieber ihren Beruf als Wissenschaftlerin auf den Punkt.
Nach der Theorie folgte der praktische Teil für die jungen Wissenschaftler. In Schülerteams bearbeiteten sie im Laufe der Woche ihre Themen selbstständig, recherchierten (auch an außerschulischen Orten wie dem Auswanderermuseum „Born in Schiefweg“ im Emerenz-Meier-Haus), befragten Mitglieder der Schulfamilie und außerschulische Experten oder prorgammierten sogar eine KI. Die Ergebnisse wurden schließlich in die Form eines sog. Wissenschaftsposters gebracht und am Ende der Woche den anderen Schülerteams bzw. den 10. Klassen, ihren Nachfolgern im nächsten Jahr, in einem „Gallery Walk“ präsentiert. So wurde in der Aula schon rein optisch der vielfälige Blick auf das Rahmenthema Kutur augenscheinlich.
Eine Jury aus den Lehrkräften Angelika Schaub-Weishäupl (Gesamtorganisation), Christian Seidel und Michael Scheungraber prämierte aus allen Postern und Präsentationen die überzeugendste wissenschaftliche Teamarbeit: Der mit Kinogutscheinen bedachte Sieg ging an das Informatik-Team, gefolgt von der Deutsch- und der Chemie-Gruppe. Aber auch die nicht prämierten Arbeiten durften sich ein dickes Lob abholen: Alle Teams überzeugten nämlich durch anschauliche und professionell gestaltete Poster und eine selbstbewusste Präsentation.
Die Wissenschaftswoche bzw. das wissenschaftliche Arbeiten im Allgemeinen findet schließlich in der 12. Jahrgangsstufe in Form der W-Seminare eine Fortsetzung. Die Schülerinnen und Schüler waren, so ihr persönliches Fazit, begeistert von der neuen Erfahrung dieser Form des selbstständigen Arbeitens jenseits starrer Stundentafel und klassenzimmerbezogenem Unterricht. -pnp