Ein Blick zurück macht auch die Gegenwart klarer
Zu einem Online-Vortrag waren die Schülerinnen und Schüler der 11. Jahrgangsstufe am 18. März 2021 eingeladen. Der Referent, Dr. Michael Mayer von der Politischen Akademie in Tutzing, schlug einen Bogen von der aktuellen Covid-19 Pandemie zurück zur Spanischen Grippe vor etwa 100 Jahren und zeigte in seinem bebilderten Vortrag erstaunliche Parallelen auf.
Statt des regulären Geschichtsunterrichts im Homeschooling versammelte sich die gesamte Q11 in einer Videokonferenz zu einem Vortrag mit Diskussion. Der Referent gliederte die außergewöhnliche Geschichtsstunde „schülergerecht“ in mehrere Teile, jeweils durch Fragerunden aufgelockert. So konnten sich die Q11er auch aktiv beteiligen und es kam es zu einer interessanten Diskussion mit vielen Fragen an den Geschichtswissenschaftler aus München.
Gleich zu Beginn seiner Ausführungen machte Dr. Mayer mit Fotos die erschreckende Ähnlichkeit der Geschehnisse damals und heute deutlich: maskentragende Menschen auf der Straße, Zeitungsmeldungen mit Todeszahlen, Warnschilder wie auch Protestplakate, überfüllte Krankenstationen. Auch berühmte Zeitgenossen erkrankten schwer oder starben: Edvard Munch, Egon Schiele (+), Franz Kafka, Max Weber.
Woher kam jedoch diese „Spanische Grippe“? Auch hier zeigte der Referent Ähnlichkeiten zur Corona-Pandemie auf: Es begann mit einem Übergriff eines Vogelgrippevirus vom Tier auf den Menschen, und zwar auf einer Farm in den USA. Im März 1918 breitete es sich in der US-Armee in Ausbildungslagern und einem Militärhospital in Kansas aus. Truppentransporte brachen die Erkrankung an die Front in Nordfrankreich. Dort wurde sie von deutschen Soldaten als „Flandernfieber“ bezeichnet. So spielte also der Erste Weltkrieg seine Rolle in der Verbreitung des Virus, der unter verschiedenen Bezeichnungen alle Kontinente erfasste und je nach politischer Seite auch für Kriegspropaganda und Verschwörungstheorien missbraucht wurde.
Herr Mayer stellte insbesondere die teilweise erschreckende Ähnlichkeit zwischen den beiden Pandemien in den Vordergrund: Maskenpflicht, angestrengte Suche nach dem Erreger und Impfstoff, weltumspannende Bedrohung mit Millionen von Todesfällen und – vor allem – die Parallelität im zeitlichen Ablauf: Es gab auch damals drei Infektionswellen, nämlich im Frühjahr 1918 (Frühjahr 2020), im September 1918 (Jahresende 2020) und Frühjahr 1919 (analog dazu Frühjahr 2021). Auch damals machte die Erkrankung vor Grenzen und Kontinenten nicht Halt. Auch Mutationen waren damals nachweisbar.
Auch vergleichbare Maßnahmen wurden bereits 1918/19 getroffen, wie der Referent aufzählte und mit Fotos dokumentierte: Schließung von Schulen, Kirchen und Theatern, staatlich verordnete Maskenpflicht, Isolation in den Krankenhäusern und Verhaltensregeln für die Bevölkerung – und das in einer Zeit, die vom Krieg und harten Nachkriegsverhältnissen geprägt war. In der letzten Diskussionsrunde griff der Referent historische Fragen auf, die aktueller nicht sein könnten, zum Beispiel nach der Wirkung der damaligen Maskenpflicht und Abstandsregeln.
Einen – für uns heute fast beruhigenden – Unterschied zeigte Herr Mayer unseren Oberstufenschülern zum Abschluss dennoch auf: Das Virus der Spanischen Grippe 1918/19 war erst im Jahr 1933 nachweisbar und es dauerte dann weitere Jahre, bis präventive Massenimpfungen durchgeführt werden konnten.