Berlin – wir lernen Hauptstadt!

„Berlin: Arm, aber sexy!“ Mit eigenen Augen wollten die Schülerinnen und Schüler der 11. Jahrgangsstufe des Johannes-Gutenberg-Gymnasiums Waldkirchen sehen, ob diese Beschreibung von Berlin zutrifft. So quartierten sich 52 Jugendliche mit vier Lehrkräften im Schulz Hotel Berlin Wall ein, um für eine Woche Berliner Luft zu schnuppern.
Bei der Stadtrundfahrt wurden mit dem eigenen Reisebus gleich die zentralen Sehenswürdigkeiten abgeklappert: die East Side Gallery, der Checkpoint Charlie, der Platz des Volksaufstands von 1953, der Deutsche Dom, die Museumsinsel, das Rote Rathaus, das Diplomatenviertel, Schloss Bellevue. Dabei versäumte es der waschechte Berliner Reiseführer nicht, auf die Gefahren in dieser Großstadt hinzuweisen: „Drogenkriminalität und Gewalt gehören hier zum Alltag! Aber verlasst euch in brenzligen Situationen nicht auf eure Karate-Künste, sondern sucht das Weite!“ Das beherzigten die Jugendlichen auch, sodass alle letztlich wieder wohlbehalten zuhause ankamen.
Dem Regen trotzend wurde die Sightseeing-Tour für einen Besuch der Ruine der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche und deren Neubau unterbrochen. Das intensive Blau der 5000 Glasfenstersteine war es jedoch wert. Ein eigens kreierter anderer blauer Farbton stach der Reisegruppe im Plenarsaal des Reichstagsgebäudes ins Auge: Die Sitze für die 630 Abgeordneten des Deutschen Bundestags und die Bundestagspräsidentin und ihren Assistenten. Auf Einladung des MdB Günter Baumgartner lauschte die Gruppe auf der Besuchertribüne den Anekdoten und Informationen über das Gebäude und seine wechselvolle Geschichte. Vor dem geistigen Ohr hörte man Philipp Scheidemann die Republik ausrufen und vor den geistigen Augen züngelten die Flammen des Reichstagsbrandes. Nach einem Gespräch mit Michael Kronawitter, dem wissenschaftlichen Mitarbeiter im Büro von MdB Baumgartner, beschloss die Gruppe den Tag mit einer atemberaubenden Sicht auf Berlin aus 203 Metern Höhe. Nicht selten hörte man Kommentare und Fragen wie „Was für ein Lichtermeer! Wo ist denn das Brandenburger Tor? Und wie mache ich hier ein gutes Foto für meine Insta-Story?“ Nach der rasante Aufzugfahrt von der Besucherplattform des Fernsehturms wieder auf Berliner Boden angekommen verspürten nicht wenige noch ein leichtes Schwanken.
Der folgende Tag war der DDR-Geschichte gewidmet. Dazu erforschten die Schülerinnen und Schüler die Mauergedenkstätte Bernauer Straße in Kleingruppen. Betroffen von unterschiedlichsten Fluchtgeschichten – Entkommen per selbstgebasteltem Heißluftballon, durch Tunnels oder mit dem Surfbrett über die Ostsee – und fehlgeschlagenen Versuchen mit tödlichem Ausgang besuchten alle am Nachmittag das Stasigefängnis Hohenschönhausen. Tatsächlich konnten die Jugendlichen hier einen Blick in eine schwarz ausgepolsterte Gummizelle sehen, aus deren dreitägiger verschärfter Isolationshaft die Inhaftierten als Mensch gebrochen herauskamen. Die schonungslose Offenlegung der Gräueltaten, die dort an der Tagesordnung standen, bewegte die Zuhörerinnen und Zuhörer sichtlich.
Bevor auf der Heimreise noch Dresden auf dem Programm stand, waren Gänsehautmomente im Spionagemuseum angesagt. Mit einer Spree-Bootsfahrt durchs Regierungsviertel wurden anschließend alle wieder auf den Boden der Tatsachen geholt.
„Berlin: Arm, aber sexy?“ – Am Ende der Fahrt waren die Meinungen geteilt, was aber bleibt sind viele Eindrücke und ein großes Gemeinschaftserlebnis. (Maria Zeindl)